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Die zehntausend Türen

Die zehntausen Türen von Alix E. Harrow hat mir erstaunlich gut gefallen. Ich mochte den Stil sehr gerne, sie hat eine sehr sinnliche, fantasievolle Sprache, die aber nie ausufernd ist. Insofern ist auch die Übersetzung wahrscheinlich sehr gelungen.

Ich fand die Balance zwischen einfachen Lebensverhältnissen und Fantasy-Spannung sehr gut. So was nenne ich cozy, spannend und nett. Angenehme Fantasy-Unterhaltung für jugendliche Gemüter.

Das Einzige, worauf ich nicht so stehe, ist die Komplettauflösung in einem Showdown, mit anschließendner Verebbung. Da ist mir zu viel Peak am Ende und dann Ausplätschern. Ich weiß, dass das eine Auflösung ist, aber es ist eben keine gute Erzählung mehr. Oder es ist einfach Geschmacksache. Erst zu viel Action und dann zu wenig hinterher. Schön gemeint, aber ich habe für so etwas zu wenig Geduld.

Ich glaube, bei Das dunkle Herz des Waldes war es genau so, deshalb habe ich es am Ende nur überflogen, obwohl das gesamte Buch sehr gut war.

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Spellshop

Mir wurde das Buch empfohlen. Ich wollte mal was Harmloses, Nettes lesen. So etwas wie „Zwei Hobbits bleiben zuhause und finden keinen Ring“.

Das Buch ist aber alles andere als harmlos. Ich habe lange durchgehalten, bis ich einfach nicht mehr konnte. Kurz und knapp: gestörtes Sozialverhalten wird mit fragwürdigen Klischeefiguren romantisiert.

Meine drei Punkte und weshalb ich aufgehört habe zu lesen:

  • Die Hauptfigur ist Sozialphobikerin, was romantisiert wird.
  • Der Mann ist ein leeres, therapeutisches Objekt, ein Hülle und Projektionsfläche, ein Jason Mamoa vom Ponyhof und keine Person auf (körperlicher und geistiger) Augenhöhe.
  • Normale Begegnungen bekommen eine sexualisierte Scham-Ästhetik. Das bekommt eine schmierige, neurotische Atmosphäre.

Ich habe mir viel davon versprochen und verhältnismäßig lange durchgehalten.

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Die Flüsse von London

Ich habe die letzten drei Kapitel gar nicht mehr gelesen. Das Buch entspricht nicht meinen Lesebedürfnissen.

Das Buch fängt gut an und baut sich gut auf, aber ab der Hälfte ist es nur noch eine Aneinanderreihung von Ereignissen. Die Geschichte hat keinen roten Faden, sondern einen Fadenknäuel. Fantasievoll, aber sinnlos. Dem Humor (zynisch-distanziert) kann ich auch nichts mehr abgewinnen.

Die Hauptfigur extrem enttäuschend, ohne Entwicklung und emotional erschreckend flach. Zwei Frauen will er vögeln, mehr Emotion ist da nicht.

Die Magie ist völlig unnötig ausgebaut. So genau will und muss man das gar nicht wissen. Ich brauche keine „Erklärung“ für einen ordinären Kugelblitz und das ganze andere Kuddelmuddel. Nicht Sinnloseres als Magie erklären. Ich würde mir auch keinen Vortrag über den Fluxkompensator anhören.

Der Rest ist eine Aneinanderreihung von Handlungen. Gegend Ende schüttelte ich nur noch den Kopf und dachte: So what?!

Schade, fing gut an.

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Der Bär und die Nachtigall

„Der Bär und die Nachtigall“ von Katherine Arden war genau das Buch, das ich in diesem Moment gebraucht habe. Eine klar erzählte und zugleich fesselnde Geschichte, getragen von der spürbaren Liebe zu den Figuren und ihren Beziehungen.

Was das Buch besonders macht, ist seine Balance. Es gibt kein plakatives Gut und Böse – stattdessen begegnen einem Ambivalenz und Verstrickung. Es geht nicht um Widersprüche im eigentlichen Sinn, sondern um ein Sowohl-als-auch: Menschen handeln aus Überzeugung, glauben, das Richtige zu tun – und doch ist „richtig“ nie absolut. Moral ist hier keine feste Größe, sondern Teil eines größeren Beziehungsgeflechts.

Das Leben in dieser Geschichte besteht aus Motiven, Entscheidungen und Verbindungen – durchzogen von Elementen der slawischen Mythologie: Hausgeister, Waldwesen, uralte Kräfte mit eigenen Absichten, die auf subtile Weise Einfluss nehmen.

Die Geschichte spielt im alten Russland, in einer Welt voller archaischer Härte, rauer Natur und gegenseitiger Abhängigkeit. Und sie erzählt auch davon, wie man sich aus diesen Strukturen befreien kann – leise, eindringlich, magisch.

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Alles, was wir geben mussten

Alles, was wir geben mussten von Kazuo Ishiguro ist ein außergewöhnlich guter Roman. Von denen, die ich bisher gelesen habe, muss ich natürlich dazu sagen.

Es ist früh klar, worum es geht (Achtung, Spoiler), nämlich dass die Protagonisten Klone sind, die zum Zweck geklont wurden, ihre Organe zu spenden und in einer eingeschränkten, kontrollierten Welt leben, aber das macht nicht die Erzählung aus, denn er wird aus der Sicht der Klone erzählt, deren Leben, Beziehungen, Gefühle und Gedanken sich nicht von denen anderer Menschen unterscheiden, obwohl diese sie in der Regel nicht als gleichwertige Menschen ansehen.

Das Thema der Grenze zum „Menschsein“ ist eine der grundsätzlichen ethischen Fragen in unserer industrialisierten Gesellschaft überhaupt, und Ishiguro schreibt einen wundervollen, sensiblen Coming-of-age-Rückblick.

Das Hörbuch hat mir nicht so gut gefallen, weil ich die Stimme und den Sprachstil nicht passend zum Buch fand. Das war gut, denn so kam ich wieder besser ins Lesen (statt Hören). Dadurch bekomme ich mehr Details mit.