„Der Bär und die Nachtigall“ von Katherine Arden war genau das Buch, das ich in diesem Moment gebraucht habe. Eine klar erzählte und zugleich fesselnde Geschichte, getragen von der spürbaren Liebe zu den Figuren und ihren Beziehungen.
Was das Buch besonders macht, ist seine Balance. Es gibt kein plakatives Gut und Böse – stattdessen begegnen einem Ambivalenz und Verstrickung. Es geht nicht um Widersprüche im eigentlichen Sinn, sondern um ein Sowohl-als-auch: Menschen handeln aus Überzeugung, glauben, das Richtige zu tun – und doch ist „richtig“ nie absolut. Moral ist hier keine feste Größe, sondern Teil eines größeren Beziehungsgeflechts.
Das Leben in dieser Geschichte besteht aus Motiven, Entscheidungen und Verbindungen – durchzogen von Elementen der slawischen Mythologie: Hausgeister, Waldwesen, uralte Kräfte mit eigenen Absichten, die auf subtile Weise Einfluss nehmen.
Die Geschichte spielt im alten Russland, in einer Welt voller archaischer Härte, rauer Natur und gegenseitiger Abhängigkeit. Und sie erzählt auch davon, wie man sich aus diesen Strukturen befreien kann – leise, eindringlich, magisch.