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Der Bär und die Nachtigall

„Der Bär und die Nachtigall“ von Katherine Arden war genau das Buch, das ich in diesem Moment gebraucht habe. Eine klar erzählte und zugleich fesselnde Geschichte, getragen von der spürbaren Liebe zu den Figuren und ihren Beziehungen.

Was das Buch besonders macht, ist seine Balance. Es gibt kein plakatives Gut und Böse – stattdessen begegnen einem Ambivalenz und Verstrickung. Es geht nicht um Widersprüche im eigentlichen Sinn, sondern um ein Sowohl-als-auch: Menschen handeln aus Überzeugung, glauben, das Richtige zu tun – und doch ist „richtig“ nie absolut. Moral ist hier keine feste Größe, sondern Teil eines größeren Beziehungsgeflechts.

Das Leben in dieser Geschichte besteht aus Motiven, Entscheidungen und Verbindungen – durchzogen von Elementen der slawischen Mythologie: Hausgeister, Waldwesen, uralte Kräfte mit eigenen Absichten, die auf subtile Weise Einfluss nehmen.

Die Geschichte spielt im alten Russland, in einer Welt voller archaischer Härte, rauer Natur und gegenseitiger Abhängigkeit. Und sie erzählt auch davon, wie man sich aus diesen Strukturen befreien kann – leise, eindringlich, magisch.

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Alles, was wir geben mussten

Alles, was wir geben mussten von Kazuo Ishiguro ist ein außergewöhnlich guter Roman. Von denen, die ich bisher gelesen habe, muss ich natürlich dazu sagen.

Es ist früh klar, worum es geht (Achtung, Spoiler), nämlich dass die Protagonisten Klone sind, die zum Zweck geklont wurden, ihre Organe zu spenden und in einer eingeschränkten, kontrollierten Welt leben, aber das macht nicht die Erzählung aus, denn er wird aus der Sicht der Klone erzählt, deren Leben, Beziehungen, Gefühle und Gedanken sich nicht von denen anderer Menschen unterscheiden, obwohl diese sie in der Regel nicht als gleichwertige Menschen ansehen.

Das Thema der Grenze zum „Menschsein“ ist eine der grundsätzlichen ethischen Fragen in unserer industrialisierten Gesellschaft überhaupt, und Ishiguro schreibt einen wundervollen, sensiblen Coming-of-age-Rückblick.

Das Hörbuch hat mir nicht so gut gefallen, weil ich die Stimme und den Sprachstil nicht passend zum Buch fand. Das war gut, denn so kam ich wieder besser ins Lesen (statt Hören). Dadurch bekomme ich mehr Details mit.